Wort des Pfarrers

Liebe Gemeindemitglieder, liebe Leserinnen und Leser,

wie oft sprechen wir eine Einladung aus. Anlässe finden wir ja genug: Geburtstag, Hochzeit, bestandene Prüfung oder einfach mal so. Die Auswahl der Gäste wird dabei sorgfältig überlegt. Oft sind es Freunde, Verwandte, Berufskollegen, Vereinsmitglieder, interessante Gesprächskontakte. Zu den meisten stehen wir in einer besonderen oder sympathischen Beziehung. Denn unange­nehme Personen werden wir uns so leicht nicht freiwillig auf den Hals laden.

Wirklich alle?

Jesus sagt: „Kommt alle zu mir!“ (Mt 11,28). Dabei denkt er aber nicht an seine Freunde, an die Reichen, an all diejenigen, die ihm Gutes getan haben, sondern an die Menschen, die sich plagen und schwere Lasten tragen müssen.

Und wir fragen da ganz schnell: Ist das nicht ein Risiko für Jesus, sich solche Gäste einzuladen? Verärgert er damit nicht die eine Gruppe und hebt die andere in manch peinliche Situation? Es ist ein Risiko, da Jesus den Eingeladenen nahelegt, das eigene Joch auf sich zu nehmen, eben nicht davonzulaufen, sondern sich seinen Aufgaben zu stellen.

Das Joch Jesu – zusätzlich zu all dem, was uns täglich beschäftigt und plagt: die Last der Kindererziehung, Sorge um die Jugendlichen, die eigenen beruflichen Strapazen, die schwierige Verständigungsmöglichkeit mit den Nachbarn, die mangelnde Sinnfindung im eigenen Leben und die vielen schier unlösba­ren Probleme in der weiten Welt?

Das Joch Jesu

Ja, es gibt eine Last Gottes: die Verpflichtung auf das Doppelgebot der Liebe („Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!“) unter Zurücknahme des eigenen Ichs. Und das darf im Alltag auch konkret werden.

Aber Jesus fügt hinzu: „Mein Joch drückt nicht und meine Last ist leicht“ (Mt 11,30). Es ist Anliegen Jesu, uns bei allen täglichen Nöten und Ängsten eine tiefe Absicherung zu verschaffen. Es soll sich lohnen, auf ihn zu vertrauen. Wenn er die Bedrückten einlädt: „Kommt alle zu mir“, dann möchte er wie bei einem Seiltänzer ein Netz spannen, das ihm Sicherheit gibt und ihn hält. Der Trapezkünstler im Zirkus vertraut darauf: Mir kann nichts passieren. Ich kann danebengreifen und die Schaukel verfehlen. Ja, ich kann sogar abstürzen – aber ich werde todsicher aufgefangen.

Schicksalsschläge

Weil jeder Mensch mit Sorgen, Ängsten, Schicksalsschlägen und Enttäuschungen beladen ist, gilt jedem von uns diese Einladung Jesu: „Kommt alle zu mir; ich werde euch (innere) Ruhe verschaffen“ (Mt 11,28).

Diese Einladung dürfen wir annehmen – denn wir werden todsicher aufgefangen!

Wie kann Gott das zulassen?

Manche Menschen wollen aber mit Gott und der Kirche nichts mehr zu tun haben, weil sie das Leid in der Welt erleben und sich fragen, warum Gott dieses Leid zulässt, gerade wenn sie Leid bei Kindern sehen. Warum dürfen Terroristen wüten? Warum müssen Unschul­dige leiden oder gar sterben – nicht nur im Straßenverkehr? Warum hungern so viele Menschen auf dieser Erde? Warum siegt so oft die Ungerechtigkeit? Warum lässt Gott das zu?

Dieser Frage ist bereits Jesus ausgesetzt. Im Evangelium (Mt 13) lesen wir, dass die Knechte des Gutsherren fragen, ob sie das Unkraut ausreißen sollen. Jesus jedoch lehnt das ab und plädiert dafür, Unkraut und Weizen, also das Gute und das Böse, weiterhin wachsen zu lassen. Er geht dabei der äußerst schwierigen Frage, woher überhaupt das Böse kommt, zunächst einmal nicht nach.

Freiheit als Ursache von Schuld

Obwohl nach dem biblischen Bericht am Anfang der Schöpfung alles sehr gut war, stellt Jesus fest: Es gibt das Böse, und es ist eine Gefahr für die Welt. Alle Menschen wissen – und Tag für Tag wird es bestätigt –, dass ein Strom von Schuld sich über diese Welt ergießt, der auch Unschuldige wegreißt. Aber nicht von Gott kommt diese Schuld, sondern vom Menschen, dem Gott das größte Geschenk gemacht hat, das er zu vergeben hatte: die Freiheit.

Warum aber lässt Gott das Unkraut mit dem Weizen wachsen? Ganz einfach, weil es das vollkommen Gute und das total Böse auf dieser Erde nicht gibt. Steckt nicht immer ein Körnchen Glaube im Unglauben, Zuneigung im Hass, Hoffnung in der Verzweiflung, Versöhnung in der Feindschaft, Christliches im Heidnischen?

Würden wir nicht mit der Vernichtung des Unkrautes auch den Keim des Guten mit zerstören? Wäre das nicht ein Verlust für die Welt? Thomas von Aquin hat einmal gesagt: Viel Gutes wäre in der Welt nicht geschehen, wenn Gott das Böse nicht zugelassen hätte.

Schnell sagen wir auch: Unkraut – das sind die anderen: Mörder, Diebe, Unterdrücker. Dabei denken wir zu wenig nach über das Unkraut in uns selbst, das wuchert und auch den Weizen in uns ersticken kann.

Es ist tröstlich und hoffnungsvoll, ja letztlich sogar unsere Rettung, dass Gott wartet, uns so nimmt, wie wir sind: mit dem Weizen und dem Unkraut in uns. Er versucht, den Weizen in uns zur Reife zu führen, trotz allem wuchernden Unkraut. Und auch auf die Frage: „Wie kann Gott das alles zulassen?“ ist eine Antwort immer noch möglich: In der Freiheit, die er uns schenkt, und in der Liebe, mit der er uns begegnet, ist er trotz allem ein gnädiger und barmherziger Gott.

Dass Sie diesen Gott der Liebe und der Freiheit und seiner ganz persönlichen Zuwendung so erfahren können, das wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen.

Firmung

In den kommenden Wochen empfangen 23 Jugendliche unserer Pfarrei das Sakrament der Firmung: wegen Schulausflügen in diesem Jahr aufgeteilt in Mömlingen und in Großheu­bach. Beten wir für all diese Jugendlichen und ihre Familien.

Ich grüße Sie alle recht herzlich

Ihr Pfarrer
Wolfgang Schultheis

GANZ PERSÖNLICH

Viel Zuneigung und Wertschätzung durfte ich in den vergangenen Wochen von Ihnen erfahren:

zunächst anlässlich meines Krankenhaus-Aufenthaltes und den krankheitsbedingten Gottesdienst-Änderungen   
(Danke für die lieben Genesungs-Karten und dem Verständnis dafür, dass Gottesdienste ausfielen!),

anschließend für die überaus große Anzahl von Beileids-Bekundungen zum Tode meiner Mutter.
Danke für jedes Gebet, für jede persönliche Anteilnahme; Danke für die Teilnahme bei Beerdigung und Requiem; Danke für die vielen Kondolenzbriefe, die ich einzeln gar nicht beantworten kann; Danke für die große Anzahl von zugedachten heiligen Messen, die in einem „Legat“ für jährliche Gottesdienst für meine Mutter angelegt werden; Danke den Ehepaaren Herbert und Ott, die spontan eine Zusammenkunft zwischen der Beerdigung in Aschaffenburg und dem Requiem am Abend im Pfarrzentrum Wörth möglich machten.

Wolfgang Schultheis